24 Dezember 2007

Frohe Weihnachten!


... wünscht Ihnen tà katoptrizómena
das Magazin für Kunst, Kultur, Theologie und Ästhetik

17 Dezember 2007

Geschichte



Tadao Andō - Sayamaike Historical Museum, Osaka, Japan

Mehr zu Ando ...

Die Dinge

"Natürlich konnten sie auch von anderen Dingen reden, von einem kürzlich erschienenen Buch, von einem Filmregisseur, vom Algerienkrieg oder von den anderen, doch manchmal kam es ihnen vor, daß ihre einzig wirklichen Gespräche das Geld, den Komfort, das Glück betrafen. Dann wurde der Ton lauter, die Spannung wuchs. Sie sprachen, und beim Sprechen spürten sie all das, was sie an Unmöglichem, Unzugänglichem, Verhängnisvollem in sich trugen. Sie verloren die Nerven; [...] es schien ihnen, daß ihr wirkliches Leben auf einmal im wahren Licht zu Tage trat, als etwas Unbeständiges, Nichtexistentes. Dann schwiegen sie, und ihr Schweigen war voller Groll; [...] Auf der Straße glitten die Autos langsam an ihnen vorbei. Auf den Plätzen flammten nacheinander die Neonreklamen auf. Auf den Caféterrassen glichen die Menschen zufriedenen Fischen."

Aus: Georges Perec, Die Dinge.

16 Dezember 2007

Bashing II

Die ZEIT versucht eine andere Form der Religionskritik: Nicht die Religion selbst ist es, die zu kritisieren ist, sondern ihr Personal. Nicht einmal mehr predigen können sie. Statt wortgewaltig zu Weihnachten mit den Gottesdienstbesuchern zu schimpfen, sind sie allzu milde: "Das Enttäuschendste an Weihnachten ist ja alle Jahre wieder eine Weihnachtspredigt, die nicht der Glaubenskontroverse, sondern bloß der feierlichen Selbstvergewisserung und der kollektiven Seelenwellness dient." Und so stünde es mit der Kirche und der Religion ganz anders, wenn die Kunst der Predigt beherrscht würde. Kunstvoll muss die Predigt sein.


Ja, so hätten sie's gerne, die Kulturmenschen, wie Eduard Norden bereits süffisant für die Situation der antiken Prediger angemerkt hat: "Die Gebildeten gingen damals mit denselben Erwartungen in die Kirche wie in den Hörsaal des Sophisten: sie wollten sich einen Ohrenschmaus verschaffen, ein Stündchen angenehmer Unterhaltung, und viele Prediger waren ihnen darin allzu willfährig". Alles, nur nicht kunstlos darf die Predigt sein.

Was die Autorin in der ZEIT vergisst: noch die kunstvollste Predigt bewirkt keinen Glauben.

Notabene sei angemerkt: Das Enttäuschendste am Feuilleton zu Weihnachten ist ja alle Jahre wieder ein Religionsbashing, das nicht der Glaubenskontroverse, sondern bloß der feierlichen Selbstvergewisserung und der Seelenwellness von Feuilletonisten dient. Amen.

Bashing I

Pünktlich zur Weihnachtszeit gibt's im deutschen Feuilleton das unvermeidliche Religions-Bashing. War es jahrzehntelang der SPIEGEL mit seiner Weihnachtsausgabe, in der uns versichert wurde, mit dem Christentum ginge es nun aber endgültig bergab, so haben dieses Jahr die journalistischen Konkurrenten gleichgezogen bzw. vorgezogen, diese Aufgabe zu übernehmen.

In der WELT ist es Chefkommentator Alan Posener, der unter der Überschrift "Warum Gott kein moralisches Vorbild ist" seine krausen Gedanken zu Papier bringt. Ehrlich gesagt, habe ich beim ersten Lesen des Artikels überhaupt nicht verstanden, was er uns sagen will. Schon die Überschrift ist ja etwas merkwürdig. Wer hat je gesagt, dass Gott ein moralisches Vorbild sei? Vorbilder sind in der biblischen Tradition in aller Regel Menschen und wenn sie als solche charakterisiert werden, wird sofort hinzugefügt, worin sie fehlen.

Für Posener ist Gott kein moralisches Vorbild, weil er nach der biblischen Tradition ziemlich merkwürdige Dinge von den Menschen verlangt (und dabei zählt Posener nicht einmal annäherungsweise die verfügbaren Merkwürdigkeiten auf - da könnte ihm jeder Theologe weiterhelfen.) Sicherheitshalber charakterisiert Posener die Bibel als fiktionale Literatur - um dann aufzuzeigen, dass diese fiktionale Literatur nicht für die Moral taugt. Selbst wenn man ihm darin folgt, gehörte doch in einem zweiten Schritt dazu, zu bestimmen, um welche Gattung fiktionaler Literatur es sich handelt. Hier dürften Atiologien doch anders bewertet werden als Märchen, dokumentarische Literatur wiederum anders als Poesie. Genau das aber unterlässt der Kommentar. Wie er überhaupt die Frage unerörtert lässt, warum überhaupt fiktionale Literatur als moralischer Stimulus gelten sollte. (Da schimmert ein altes Argument von Schiller durch: die ästhetische Erziehung der Menschheit.) Dass ein guter Teil der inkriminierten Stellen gerade dazu dient, humanes Verhalten in Gang zu setzen - diese Erkenntnis unterschlägt Posener.

Besonders wirr wird es, wenn Posener auf den Gott des Alten Testaments schimpft, um dann aufzuzeigen, dass der moralisch scheinbar integerere Gott des Neuen Testaments kein besseres Verhalten bei den Christen in Gang setzt. Offensichtlich scheint die literarische Charakteristik eines Gottesbildes in keiner Beziehung zum moralischen Verhalten der Menschen zu stehen. [Wie ja auch die fiktionale Literatur des Humanismus keine bessere Menschen geschaffen hat.]

Poseners Lösung ist dann wirklich Realsatire: wir brauchen keine Religion, weil wir genetisch auf Nächstenliebe programmiert sind: "Wären wir nicht genetisch vorprogrammiert, uns sozial zu verhalten, wir wären längst ausgestorben. Die menschliche Moral kommt vor der Religion." Angesichts der Geschichte der Menschheit müssen das aber ziemlich schwache Gene sein. Diese Mär von der altruistischen Programmierung ist auch nichts anderes als: fiktionale Literatur.

11 Dezember 2007

Duchamp, Man Ray, Picabia

Die Ausstellung Duchamp, Man Ray, Picabia in der Tate Modern soll dem Besucher einen einmaligen und beeindruckenden Einblick in die künstlerische Beziehung und Freundschaft der drei größten Figuren der Kunst des frühen 20igsten Jahrhunderts, Marcel Duchamp, Man Ray und Francis Picabia erlauben.

Zusammen schufen sie in New York, während des ersten Weltkrieges, die berühmte Dada-Bewegung. Ihre Freundschaft, welche in der Geschichte der modernen Kunst ungewöhnlich war, hielt über einen langen Zeitraum hinweg mit wechselnder Intensität stetig an. Das Herzstück ihrer Freundschaft war ihre gemeinsame Lebensauffassung, welche auch in ihren Werken entweder mit Humor, Ironie oder in bildstürmerischen Gesten immer wieder zum Ausdruck kam. Deutlich tritt in den Werken, wenn auch oft verschlüsselt, das Interesse an sexuellen Beziehungen und Erotik hervor. Die Ausstellung Duchamp, Man Ray, Picabia setzt sich als Ziel die verschiedenen Affinitäten und Parallelen in den Werken der drei Künstler sichtbar zu machen, um zu zeigen wie ihre Ideen und Innovationen sich gegenseitig beeinflussten.

21. Februar 2008 - 26. Mai 2008

Tate Modern, 4 Etage
Jeden Tag von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr geöffnet.
Freitag und Samstag bis 22.00 Uhr geöffnet.

10 Dezember 2007

Schaufenster 2



Another animation painted on wall.
http://www.blublu.org

Schaufenster



Wall-painted animation by Blu
Made at the Jonathan Levine gallery (NY)
November 2007

08 Dezember 2007

Karlheinz Stockhausen (1928-2007)

"Die gesamte Arbeit von Stockhausen kann als Versuch aufgefaßt werden, Möglichkeiten musikalischen Zusammenhangs in einem vieldimensionalen Kontinuum zu erproben. Solche Souveränität, die in einer unabsehbaren Mannigfaltigkeit von Dimensionen es gestattet, Zusammenhang zu stiften, schafft von innen her die Verbindung der Musik mit Visuellem, mit Architektur, Plastik und Malerei."
(Theodor W. Adorno, Die Kunst und die Künste).

"Die Krise des Sinnzusammenhangs als eines phänomenal, in der Tuchfühlung seiner Teile wahrnehmbaren Ganzen hat die seriellen Komponisten nicht dazu verführt, den Sinn einfach zu liquidieren. Stockhausen hält ihn, den unmittelbar apperzipierbaren Zusammenhang, als einen Grenzwert fest. Von ihm führte ein Kontinuum bis zu solchen Strukturen, die der gewohnten Weise des Sinn Hörens, also der Illusion der Notwendigkeit von Klang zu Klang, sich versagen. Sie lassen nur noch etwa so sich auffassen, wie das Auge die Fläche eines Bildes als ganze überschaut."
(Theoder W. Adorno, Voraussetzungen)

06 Dezember 2007

Dokumentarfilmpreis "Erinnerung und Zukunft"

Die Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" und goEast schreiben im Rahmen des Festivals erstmals den mit 10.000 € dotierten Dokumentarfilmpreis "Erinnerung und Zukunft" aus. Zukunft kann gestalten, wer die Vergangenheit nicht ausblendet. Mit dem Preis sollen Regisseure gewürdigt werden, die sich kritisch und konstruktiv mit gesellschaftlichen Entwicklungen in ihren Ländern auseinander setzen und dabei Zukunftsperspektiven aufzeigen. In dem Filmfestival goEast findet die Stiftung eine lebendige Plattform für die Verständigung zwischen den Völkern. Beide Partner sehen die Gattung Dokumentarfilm als ein Medium an, das große Leistungen in der Analyse gesellschaftlicher Verhältnisse vollbringen und zugleich Motor für Entwicklungen sein kann. Eingereicht werden können aktuelle Dokumentarfilme ab einer Länge von 30 Minuten aus den postkommunistischen Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas einschließlich der Republiken der ehemaligen Sowjetunion. Eingeladen zur Einreichung sind außerdem Filme, die in Deutschland oder Israel produziert wurden, aber einen klaren Bezug zu Mittel- und Osteuropa haben, sei es durch die Herkunft des Regisseurs und/oder das Thema des Films. Aus allen Einreichungen werden sechs Dokumentarfilme ausgewählt, die vom 9. bis zum 15. April 2008 in Wiesbaden zu sehen sein werden. Die Regisseure präsentieren ihre Filme persönlich im Kino, und es besteht bei abendlichen Filmgesprächen Gelegenheit zur ausführlichen Diskussion mit dem Publikum.

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02 Dezember 2007

Heft 50 von tà katoptrizómena ist erschienen!

Heft 50 des Magazins für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik trägt den Titel

Blick zurück nach vorn

Es enthält folgende Beiträge:


EDITORIAL

VIEW

Liturgisches Konzert
Harald Schroeter-Wittke

Theologische Ästhetik und deutscher Idealismus
Schellings Kunstphilosophie und das Bilderverbot in der Bibel
Björn Pötters

Revisited
The Baghdad Museum Project
Karin Wendt

Der hedonistische Rebell und der Heilige der Mittelmäßigen
Zu Miloš Formans „Amadeus“
Karsten Visarius

RE: VIEW

Wien - Paris
Zur Ausstellung "Van Gogh, Cézanne und Österreichs Moderne 1880-1960“
Andreas Mertin

Suprematism rewind
Oder: Wie erklärt man dem Menschen die Gegenstandslosigkeit?
Karin Wendt

Horst Schwebel im Gespräch mit ...

POST

Ripuarische Avantgarde
Episoden
Andreas Mertin

POST IT

Katoptrizomena - Weblog des Magazins mit aktuellen Notizen

Lektüren - Auf dem Tisch der Redaktion

Glyphen - Termine, Ausstellungen, Events rund um das Thema "Kunst und Kirche"

Kunstnotizen - aus der Presse

Blackbox

30 November 2007

Sancta simplicitas oder: intensive Nebelschwaden

Für einen intensiveren Dialog zwischen Kunst und Kirche, so meldet die Nachrichtenagentur idea, hat sich die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann ausgesprochen. Man müsse danach streben, aus Sackgassen herauszukommen, in denen Kunst den Glauben mit Häme überziehe oder Kirche die Kunst zu ihrer Magd machen wolle, sagte sie am 29. November vor der Landessynode in Hannover. Die Kunst ermögliche nicht selten provozierende Interpretationen der christlichen Tradition. Sie erschließe Interessierten einen Zugang zur christlichen Botschaft und biete damit missionarische Chancen.

So nehmen Kirchenrepräsentanten die Kunst also wahr: als Institution, die den Glauben mit Häme überzieht. In welcher Welt leben wir eigentlich - und welche Kunst kennt und meint Frau Käßmann? Mir ist in den letzten 15 Jahren keine ernsthafte Kunst begegnet, die den Glauben mit Häme überzieht. Das ist wirklich Unsinn und die Kunst hat wahrlich Besseres zu tun. Und welche Kunst bevorzugt Frau Käßmann? Jene, die einen Zugang zur christlichen Botschaft und damit missionarische Chancen bietet. Soweit das Kapitel zur Kritik der instrumentellen Vernunft. Das ist Verdinglichung in Reinkultur. Was sich die Bischöfin vorstellt, ist offenkundig eher Design als Kunst. Von interesselosem Wohlgefallen, das seit Immanuel Kant zur Bestimmung von Kunst herangzogen wird, hat die Missionsinteressierte offenkundig noch nichts gehört. Aber es wäre auch ein Wunder, wenn die Kirche aus der (Philosophie-)Geschichte lernen würde.

30 Oktober 2007

Temporäre Kunsthalle Berlin

In unmittelbarer Nähe des Berliner Doms und als temporäre Zwischenlösung bis zum Bau des Berliner Stadtschlosses wird es eine Kunsthalle geben.

Nähere Informationen unter: http://kunsthalleberlin.com

Internet-Plattform für Baukunst

Für Architektur und Baukunst aus Nordrhein- Westfalen gibt es nun erstmals eine Internet-Plattform. Zu sehen sind Sakral- und Kulturbauten ebenso wie Rathäuser, alte Zechen, Hotels, Parks oder herausragende Wohnsiedlungen.

Zu finden ist die Datenbank unter http://www.baukunst-nrw.de/

17 Oktober 2007

Neuer Leiter des Instituts für Kirchenbau

Prof. Dr. Thomas Erne ist seit Wintersemester 2007 neuer Leiter des Marburger Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart. Thomas Erne hat promoviert über das Thema: Lebenskunst. Aneignung ästhetischer Erfahrung. Ein theologischer Beitrag zur Ästhetik im Anschluß an Kierkegaard und habilitiert mit einer Arbeit über den Philosophen Hans Blumenberg: Rhetorik und Religion. Studien zur praktischen Theologie des Alltags.

Protestantische Selbstkritik

"Zwar sind die europäischen Erfahrungen schnell auf den depressiven Grundton gestimmt, daß die etablierten evangelischen Kirchen erodieren, ihre einstmals intellektuell so anspruchsvolle Predigtkultur durch larmoyante Gutmenschenappelle, seichtes Moralgeschwätz und grausamen Sprachverfall abgelöst wurde, das Bildungsniveau einer zunehmend kleinbürgerlich geprägten Pfarrerschaft sogar mit Blick auf ihre Kernkompetenzen, die theologische Kunde vom Christentum, deutlich gesunken ist und selbst das kirchenleitende Personal mit wenigen Ausnahmen weder über Führungskompetenzen noch ein klares protestantisches Profil verfügt."

Friedrich Wilhelm Graf, Der Protestantismus, in:Joas/Wiegandt, Säkularisierung und die Weltreligionen, Frankfurt 2007, S. 78-124, hier S. 84.

15 Oktober 2007

Peter Hahne: War Paul Gerhardt in der Hölle?

Peter Hahne, Fernsehmoderator und Galleonsfigur der evangelikalen Rechten, ist immer für eine Überraschung und vor allem für sprachliche Entgleisungen gut. Warum man auch immer dem Protestantismus ein ausgefeiltes Verhältnis zur deutschen Sprache unterstellt, Peter Hahne hat davon nichts mitbekommen.

Dieses Mal amüsiert er uns mit einen höchst ambivalenten Loblied auf Paul Gerhardt. Wenn sich die Nachrichtenagentur idea nicht verhört hat, hat Hahne auf der Kanzel in Lübben folgendes kundgetan: "Während heute vieles 'auf den Wellness-Wolken des großen Halleluja' daherschwebe, seien Gerhardts Choräle 'keine bestellten Strohfeuer-Lieder aus dem Computer, sondern erkämpfte Glaubens-Gesänge aus dem erlittenen Feuer der Hölle'."

Das ist nicht uninteressant. Entweder gehört Paul Gerhardt zu jenen wenigen, die wie Christus einen Aufenthalt in der Vorhölle erlebt haben oder er formulierte seine Lieder aus dem Jenseits. Beides ist jedoch kaum anzunehmen.


Aber warum meint Peter Hahne, Paul Gerhardt habe seinerzeit nicht nur Schmerzen erlitten, sondern diese seien ein erlittenes Feuer der Hölle(!) gewesen? Darauf bleibt der Grinse-Kater einer Antwort schuldig. Vermutlich suchte er etwas ganz Drastisches zu sagen und da fällt einem Evangelikalen natürlich immer die Hölle ein. Oder das Ganze ist eine vorsichtige Annäherung an den Islam: „Die Unseligen werden dann im Höllenfeuer sein, wo sie laut aufheulen und hinausschreien, und wo sie weilen, solange Himmel und Erde währen, – soweit es dein Herr nicht anders will. Dein Herr tut, was er will.“ (Sure 11,106–107)

04 Oktober 2007

Heft 49 von tà katoptrizómena ist erschienen!

Heft 49 des Magazins für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik trägt den Titel

CONTAINER

Es enthält folgende Beiträge:

VIEW

52. Biennale in Venedig
Beobachtungen
Andreas Mertin

Made in Germany
Kunstvorstellungen
Andreas Mertin

„Alle Menschen werden Schwestern“
Vom Umgang mit „männlichen Söhnen“
Dorothea Erbele-Küster

VISION | AUDITION
Ein Rückblick
Andreas Mertin

RE: VIEW

Erfahrungsbezogene Theologie
Eine Rezension
Christoph Fleischer

Klassische Bildgattungen
Rezension
Karin Wendt

POST

Vom Überschreiten einer Grenze
Bill Viola in Venedig
Andreas Mertin

Blackbox

10 September 2007

Kirche als Ruheraum

"Seit 1741 nährt der Geruch der luftförmigen Leichenüberreste die Aufmerksamkeit der Gelehrten. Im Jahr 1745 warnt Abbé Porée vor dem Gestank der Gräber in den Kirchen ..."

Seit Abbé Porée 1745 in seinem ... Buch gegen die Bestattungen in Kirchen protestiert hat, ekelt man sich vor der stinkenden Luft in Gotteshäusern. Die Angriffe richten sich gegen undichte Gruften und feuchte, durchlässige Grabgewölbe. Voltaire empört sich ebenso über diese unzumutbaren Verhältnisse wie später Vicq d'Azyr."

"Anfang des Jahres 1773 wird in Dijon der Entschluß gefaßt, die in den Gruften der Kirche Saint-Étienne bestatteten Toten an einen anderen Ort zu verlegen. Der Gestank bei der Exhumierung ist so gewaltig, daß alle Versuche, ihm entgegenzuwirken, fehlschlagen."

Alain Corbin, Pesthauch und Blütenduft, Berlin 2005, S. 44.76.140

Unannehmbare Bilder

"Picasso soll einmal zu Malraux gesagt haben, man müsse die Leute aus dem Schlaf reißen, ihre Art, die Dinge zu identifizieren, umkrempeln. Man müsse unannehmbare Bilder schaffen, damit sie schäumten. Man müsse sie zwingen einzusehen, daß sie in einer verrückten Welt lebten. Eine Welt ohne Sicherheit, die nicht so sei, wie sie glaubten".

Gerhard Meier, Toteninsel, Frankfurt 2007, S. 128

01 August 2007

Heft 48 von tà katoptrizómena ist erschienen!

Heft 48 des Magazins für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik trägt den Titel

Documenta & Co

Es enthält folgende Beiträge:


VIEW

Skulptur Projekte Münster
Renaturing
Karin Wendt

Die documenta XII
Impressionen
Andreas Mertin

Das unbekannte Meisterwerk
Im Zentrum der documenta
Andreas Mertin

Glucky Bach
Eine Arbeit von Artur Žmijewski
Andreas Mertin

RE:VIEW

Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Ein Projektfinale
Andreas Mertin

Deutung - Kunst - Inszenierung
Buchvorstellungen
Andreas Mertin

Bestreitungen
Zeitgenössische Kunst im reformierten Kirchenraum I
Andreas Mertin

POST

Entdecken – Erleben - Zeichnen
Exkursion in die ewige Stadt
Henner Herrmanns

Wiedergänger
Zeitgenössische Kunst im reformierten Kirchenraum II
Andreas Mertin

Blackbox

24 Juli 2007

Kristus Yoshiyuki

Kristus Yoshiyuki nennt der Medienkünstler Markus Kleine-Vehn sein jüngstes Projekt: ein virtuelles Schöpfer-Geschöpf, dessen auto-poetische Entwicklung seit Anfang 2006 in einem Weblog festgehalten wird. Im ersten Eintrag hat sich der Avatar selbst vorgestellt: „Durch mich gebiert das Netz die Kunst aus sich selbst heraus. Nicht schlicht reproduktiver Natur, repräsentiere ich vielmehr die kontinuierliche Evolution des Wortes, das sich Bahn brechen will aus der Gefangenschaft gestalterischer Experimente in die Freiheit des öffentlichen Raums. Vielleicht bald schon befreit aus den Fängen nackter Funktionalität, wird sich meine wahre Bestimmung in der Entwicklung eines freien Bewusstseins offenbaren.“

11 Juli 2007

VISION | AUDITION: Sigalit und Daniel Landau



Eine der beeindruckenden Arbeiten auf der kirchlichen Begleitausstellung zur documenta 12: Die Arbeit "Eye Drum" von Sigalit und Daniel Landau" ausgestellt in der Martinskirche Kassel.

10 Juli 2007

24 Juni 2007

VISION | AUDITION: Julia Oschatz

Heritage - Hermitage
Martinskirche Kassel

... und hier ein Exzerpt aus einer früheren Arbeit:

VISION | AUDITION: Yves Netzhammer

Die Subjektivierung der Wiederholung - Projekt B
Karlskirche Kassel

documenta unter Wasser

Im Aue-Pavillon während des Regensturms.


documenta bewegt

13 Juni 2007

Einladung VISION | AUDITION

MARTINSKIRCHE KASSEL 17. Juni 2007 - 10:00 Uhr
Festgottesdienst
Predigt : Bischof Prof. Dr. Martin Hein
Einführung : Kurator Dr. h.c. Andreas Mertin, Hagen

KARLSKIRCHE KASSEL 17. Juni 2007 - 16:00 Uhr
Ausstellungseröffnung
Festvortrag Kurator Dr. h.c. Andreas Mertin, Hagen
Eröffnung Bischof Prof. Dr. Martin Hein

KÜNSTLER
Patrycja German, Sigalit Landau, Julia Oschatz, Jay Schwartz
und Yves Netzhammer.

[Karte ...] [Infos ...] [Texte ...]

VISION | AUDITION

"Wem beim Einsehen in die documenta im Trubel der Eröffnungstage Hören und Sehen fast vergangen ist, der möchte vielleicht innere Ruhe und Erholung in einem Gotteshaus finden. Und auch dort soll wieder die Kunst erschöpfte Sinne öffnen: In der Kasseler Martinskirche eröffnet am 17. Juni die Ausstellung „Vision | Audition. Zum Verhältnis von Bild, Wort und Klang.“ Beteiligt sind fünf international bekannte Künstler: Patrycja German, Sigalit Landau, Julia Oschatz, Jay Schwartz und der diesjährige Schweizer Biennale-Künstler Yves Netzhammer. Das könnte eine wirklich schöne Ausstellung werden – aber sollte dieses Prädikat nicht der documenta vorbehalten bleiben, deren künstlerischer Leiter sich ja mit einem Plädoyer für die Schönheit der breiten Öffentlichkeit vorgestellt hat?

Schönheit ist attraktiv und so ist eine Tagung zum Thema „Die documenta 12 – eine ,schöne’ Ausstellung?“ in der Evangelischen Akademie Hofgeismar bereits ausgebucht. Aber im Laufe des Sommer bietet die in der Nähe von Kassel gelegene Akademie noch mehrere, die documenta begleitende Tagungen sowie vom 22. bis 29. Juli sogar eine Sommerakademie an, in deren Rahmen auch Treffen mit der documenta-Kuratorin Ruth Noack sowie mit Andreas Mertin, dem Kurator von „Vision | Audition“ stattfinden. Übrigens, Ferran Adriá wird die Verpflegung der Tagungsteilnehmer übernehmen. Mal sehen, was dabei herauskommt: documenta-Koch kocht Ente in Hofgeismar? Aber solche PR-Gags bräuchte die Akademie gar nicht. Sonst wäre ja jetzt schon, ebenso wie Adriás Restaurant bei Barcelona, für das ganze Jahr ausgebucht." [artnet]

[Mehr ...]

07 Juni 2007

Skulptur Projekte Münster

Im Sommer 2007 finden zum vierten Mal die Skulptur Projekte Münster statt. Die Ausstellung zeigt die Arbeiten von rund 35 Künstlerinnen und Künstlern aus aller Welt. Kuratiert wird skulptur projekte münster 07 von Kasper König, Brigitte Franzen und Carina Plath.

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01 Juni 2007

Heft 47 von Tà katoptrizómena ist erschienen

Heft 47 des Magazins für Kunst | Kultur | Theologie | Ästhetik trägt den Titel

VISION | AUDITION

Es enthält folgende Beiträge:

VIEW

Vision | Audition
Zum Thema
Andreas Mertin

Speculum
Yves Netzhammer
Andreas Mertin

Embodying Art
Sigalit Landau
Karin Wendt

Von Höhlen und Medien
Julia Oschatz
Andreas Mertin

Zeichenhandlungen
Patrycja German
Andreas Mertin

Kunst, Religion und documenta
Die Geschichte der kirchlichen Begleitausstellungen
Horst Schwebel

RE: VIEW

Gestenkultur
Eine kleine Notiz
Andreas Mertin

Neuauflage
Von fehlerhaften Meisterwerken
Andreas Mertin

Einblicke
Rezensionen
Andreas Mertin

POST

Umstrukturierung von Kirchen
Zwei Beispiele
Henner Herrmanns

Rauchschwaden und Nebelwerfer
Ein Stirnrunzeln
Andreas Mertin

grassroots movement
Noch einmal: Die Bibel in gerechter Sprache
Andreas Mertin

Blackbox

Gemäldegalerie Alte Meister @ Second Life

"The Zwinger, one of the most beautiful Baroque buildings in Dresden, has been reproduced in full on "Dresden Gallery". Part of the Zwinger is the large building of the Gemäldegalerie Alte Meister, built in the mid-19th century in Neo-Renaissance style. It took six designers three weeks to reproduce this unique architectural ensemble in cyberspace. The whole of the gallery building is on view: the foyer, the staircases, all 54 halls and cabinets, and every one of the paintings, pastels and tapestries."

www.dresdengallery.com

31 Mai 2007

22 Mai 2007

Auszeit! Kunst und Nachhaltigkeit

Die Ausstellung "Auszeit! Kunst und Nachhaltigkeit" zeigt die verschiedenen Vorgehensweisen auf, mit denen in der Kunst Entschleunigung und Nachhaltigkeit behandelt wurden und werden. In einer offenen Erzählung werden Themenbereiche und Strategien vorgestellt und miteinander konfrontiert. Die Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus der ganzen Welt treffen hier aufeinander. Zu ihnen zählen u.a. On Kawara, Giovanni Anselmo, Anna Oppermann, Lia Perjovschi, Thomas Feuerstein, Henrik Hakansson, Thom Barth, Francesco Gilardi oder Kerstin Kartscher.

Thom Barth (Detail)
Eine Produktion des Kunstmuseum Liechtenstein, kuratiert von Friedemann Malsch

[Abb. Thom Barth: "pieces" 1999-2007, 830 Teile nach Motiven der Natur-und Kulturdenkmäler der UNESCO]

14 Mai 2007

Made in Germany

Die drei zentralen Institutionen für zeitgenössische und moderne Kunst in Hannover – das Sprengel Museum Hannover, die kestnergesellschaft und der Kunstverein Hannover – zeigen in einer großen Überblicksschau aktuelle Gegenwartskunst aus Deutschland. Im Mittelpunkt steht eine jüngere KünstlerInnen-Generation, die in Deutschland lebt und arbeitet. Die mehr als 50 eingeladenen Künstlerinnen und Künstler sind jeweils zur Hälfte deutscher bzw. internationaler Herkunft und zählen zu den Newcomern der internationalen Kunstszene. Die Ausstellung „Made in Germany“ koppelt Fragen der künstlerischen Identität nicht mehr nur ausschließlich an den Geburtsort und die Biografie der Künstler, sondern verhandelt sie im Zusammenhang mit dem Produktionsstandort der Werke.

Made in Germany
Sprengelmuseum, Kunstverein Hannover und Kestnergesellschaft
25. Mai – 26. August 2007

Symposium zur Bibel in gerechter Sprache

Die „Bibel in gerechter Sprache“ hat heftige Kontroversen in Medien und Wissenschaft ausgelöst. Neben begeisterter Rezeption – zwei ausverkaufte Auflagen bis Ende 2006 – stehen zum Teil eindeutige Ablehnungen des Gesamtprojekts bis zum Häresievorwurf.

Das Symposium an der Universität Hamburg vom 30. Juni bis 1. Juli 2007 möchte die Diskussion, auch im Hinblick auf eine mögliche Revision der Übersetzung, auf eine sachlichere Ebene heben und wissenschaftlich vertiefen. Es versammelt dazu Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen verschiedener Fachrichtungen, sowohl Mitwirkende am Übersetzungsprojekt wie auch andere Interessierte. Schwerpunkt der Diskussion wird der (übersetzerische) Umgang mit dem Gottesnamen JHWH und der metaphorischen Rede von Gott sein, da sich bei diesem Thema die Ziele und Schwierigkeiten einer Bibelübersetzung in besonderer Weise manifestieren.

Eingeladen sind alle Interessierten, die sich, sei es wissenschaftlich, sei es an anderen Orten, mit Fragen der zeitgemäßen Bibelübersetzung und Rede von Gott befassen.

[Weitere Infos und Programm ...]

12 Mai 2007

Kunstgeschichte christlicher Gesten

Von Klaas Huizing ist ein neues Buch erschienen: "Handfestes Christentum. Eine kleine Kunstgeschichte christlicher Gesten". Gütersloh 2007. Darin eröffnet der Autor eine künftig zu erweiternde Bibliothek der Gesten: von Dürers Handgesten, Rembrandts sinnenden und diakonischen Gesten, Caspar David Friedrichs Umarmungen, über die zärtlichen Begegnungen der Nazarener und Franz Marcs Familiengesten bis hin zu Picassos Erlösungsgesten, Piet Mondrians prophetischen Linien, Franz Bacon und die Gesten des Schreckens. Intention ist es, Elementargesten des Christentums zu entdecken und darzustellen.

Handfestes Christentum. Eine kleine Kunstgeschichte christlicher Gesten

10 Mai 2007

Schweigen

Während der Kunstbetrieb lärmen wird wie selten, widmet MARTa Herford dem Gegenteil eine große Ausstellung: dem Schweigen, der Stille und der Leere.

Das ist eine ebenso faszinierende wie publikumsträchtige Idee. Die vorgestellten Künstler und Werke sind beeindruckend, das Konzept überzeugend. Ein weiterer Ort auf der Liste der wichtigen künstlerischen Bezugspunkte des Jahres 2007.

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04 Mai 2007

Im Dialog mit der documenta 12

... heißt die aktuelle Sommerakademie der Ev. Akademie Hofgeismar vom 22.-29. Juli 2007 und bietet Exkursionen, Vorträge, Seminare, Workshops, Filmabende und Performances rund um das Thema zeitgenössische Kunst. Eine lohnenswerte Woche, um in schöner Umgebung zu studieren, Neues kennen zu lernen und Gespräche zur Kunst zu führen.

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Eine 'schöne' Ausstellung

... heißt eine Tagung der Ev. Akademie Hofgeismar vom 22.-24. Juni 2007, die der Auseinandersetzung mit dem Konzept der documenta 12 dient. Neben einem documenta-Besuch stehen Gespräche mit dem documenta-Kurator Roger M. Bürgel, dem Vorsitzenden des Kunstvereins Kassel Bernhard Balkenhol und dem Kulturkritiker Dirk Schwarze auf dem Programm.

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PAINT IT BLUE

Seit Jahren entsteht innerhalb der Act Art Collection des Münchner Jazz Produzenten Siegfried Loch ein ganz besonderer Sammlungsschwerpunkt. Seit dem Erwerb eines Bildes von Ernst Wilhelm Nay mit dem Titel "Blauklang" hat sich der Sammler in immer intensiverer Weise dem Thema der Farbe Blau gewidmet. So ist über die Jahre eine thematisch gebundene Sammlung entstanden, die mit Werken herausragender Künstler unserer Zeit das Faszinosum der Farbe Blau umkreist. Das Museum Weserburg in Bremen zeigt diese Werke und knüpft damit nicht zuletzt an eine legendäre Ausstellung an, die der Kunstverein Heidelberg 1990 in seinen Räumen gezeigt hat. Die Ausstellung im Museum Weserburg ist deshalb so faszinierend, weil man nicht nur auf Erwartetes trifft (also z.B. Yves Klein), sondern eben auch auf künstlerische Positionen, die man mit dieser Farbe nicht zwingend verbunden hätte. Die Ausstellung ist bis zum 3. Juni in Bremen zu sehen.

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14 April 2007

Ehrenpromotion für Luise Schottroff

Professorin Dr. Luise Schottroff wird die Ehrendoktorwürde des Fachbereichs Evangelische Theologie der Philipps-Universität Marburg erhalten. Die Ehrung der international renommierten und weit über den akademischen Bereich hinaus bekannten Theologin, die in Mainz, Kassel, Berkeley (USA) und New York lehrte, wird am 18. April 2007 um 16 Uhr im Rahmen einer Akademischen Feierstunde in der Aula der Alten Universität stattfinden, zu der die Öffentlichkeit herzlich eingeladen ist.

In ihrer wissenschaftlichen Arbeit setzte Schottroff in den vergangenen dreißig Jahren maßgebliche Impulse für die Entwicklung der sozialgeschichtlichen Exegese, des christlich-jüdischen Dialogs und vor allem für die Feministische Theologie. Zuletzt erfuhr sie durch ihre Herausgeberschaft der "Bibel in gerechter Sprache" große öffentliche Aufmerksamkeit.
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11 April 2007

Verteidigungsrede

»Gott ist Geist«, lehrt die Bibel. Wird dieser Geist vermenschlicht und verpersönlicht, so wird sich in diesem Bilde immer der jeweilige Geschmack der Menschen aussprechen. »In seinen Göttern malt sich der Mensch.« Es gibt keinen Lehrsatz der Kirche, der vorschreibt, so und so hat man sich Gott, oder Jesus, oder Maria, oder den Teufel vorzustellen, mit einem solchen Kopf, solchen Augen, solcher Körperbeschaffenheit, solcher Haarfarbe, solchem Ausdruck usw. Hier herrscht absolute Wahlfreiheit. Die Bibelausleger beziehen eine Stelle im Alten Testament auf Christus, da heißt es: »Er hatte weder Gestalt noch Schönheit.« Also ist es bibelgemäß, sich Christus häßlich vorzustellen. Wer will nun die Grenze ziehen und sagen, hier ist erlaubte Vermenschlichung, dort beginnt die Gotteslästerung? Ganz streng genommen, müßte, da Gott nach der Bibellehre »Geist« ist, jede Verbildlichung verpönt werden. Aber von dieser sublimen Auffassung ist niemand weiter entfernt als die Kirche und ihre Vertreter selbst. Somit kann die Kirche, und wer sonst kirchliche oder religiöse Interessen vertritt, niemand verwehren, sich Gott jung oder alt, robust oder gebrechlich usw. vorzustellen.

In der Vision des Dichters gewinnt der traditionelle Himmel, und was darin vorgeht, eine Gestalt, die sich also recht eigentlich jeder Diskussion entzieht. Der Dichter hat es so gesehen, wie er's sehen mußte, aus einem künstlerischen Zwang seiner schöpferischen Phantasie heraus, und damit Punktum. Man kann seine Vision annehmen oder ablehnen, aber man kann sie nicht polizeilich abwandeln, man kann sie nicht strafen. Das Forum, vor dem sich Dichter und Künstler einzig zu verantworten haben, ist die ästhetische Kritik. Die Frage kann nicht auf theologischen, sondern allein auf künstlerischen Wert oder Unwert gerichtet sein.


Panizza: Meine Verteidigung in Sachen »Das Liebeskonzil«. S. 157

10 April 2007

Die Luther-Bibel ein Etikettenschwindel?

Laut einer unwidersprochenen Meldung von kath.net/idea hat Peter Hahne, Fernsehjournalist und Ratsmitglied der EKD auf einer Veranstaltung, die vor allem seiner Kritik an der Bibel in gerechter Sprache diente, wortwörtlich gesagt:
„Wo Bibel draufsteht, muss Urtext drin sein,
alles andere ist durchschaubarer Etikettenschwindel“.


Nähme man Hahne beim Wort, dann wären weder die Luther-Bibel noch die Einheitsübersetzung noch die Gute-Nachricht-Bibel noch irgend eine andere der auf der Bibelausgabenseite der EKD verzeichneten Texte richtig etikettiert, denn sie alle enthalten natürlich nicht den Urtext. Sie enthalten allenfalls Übersetzungen oder Übertragungen. Die Urtexte sind in Hebräisch oder Griechisch, was Hahne als Diplomtheologe eigentlich wissen müsste.

Dazu passt, dass Hahne im gleichen Vortrag Papst Benedikt XVI. so auffällig lobt, der ja gerade die Rückkehr zur lateinischen Messe gewünscht hatte. Da wird sich das Kirchenvolk künftig freuen können: die Messe auf Latein und die Bibel in Hebräisch und Griechisch. Mir kann es gleich sein, ich kann alle drei Sprachen, aber für die Mehrheit der Kirchenangehörigen wird die religiöse Überlieferung wieder: ein Buch mit sieben Siegeln.

Eines aber muss man Hahne lassen: er ist gerecht. Er greift nicht nur die Bibel in gerechter Sprache scharf an, sondern bezeichnet zugleich indirekt die Luther-Bibel als "Etikettenschwindel". Und das als "lutherischer Journalist" und EKD-Ratsmitglied! Wer hätte ihm das zugetraut?

09 April 2007

Sol LeWitt gestorben

Der amerikanische Konzeptkünstler Sol Lewitt ist im alter von 78 Jahren gestorben. In seinem Werk definiert er Kunst als begrifflich – im Gegensatz zur optisch orientierten Wahrnehmungskunst – da sie für den Betrachter vornehmlich in geistiger Hinsicht interessant sei. Hierbei steht die Idee, das Konzept eines Werkes im Vordergrund.

04 April 2007

Ein Wunder!

Gerade kommt die DVD-Sammlung "40.000 Meisterwerke" aus der Digitalen Bibliothek auf meinen Schreibtisch. Natürlich macht einen das neugierig, welchen Fundus an Werken und Informationen man da vor sich hat.

Und gleich am Anfang meines Stöberns bin ich auf ein Wunder gestoßen, das Wunder der Prophetie in der Kunst:

Laut DVD hat Bacchiacca (1494-1557) zwischen 1540 und 1545 ein Bildnis des Kardinals Leopold erstellt. Da sieht man einmal die visionäre Kraft historischer Kunst. Denn Leopoldo de Medici lebte von 1617 bis 1675 und wurde 1663 Kardinal!

In Wirklichkeit ist das Werk natürlich von Baciccio, eigentlich Giovanni Battista Gaulli (1639-1709) und so wird es auch in allen seriösen Datenbanken geführt.

Aber Wunder interessieren uns natürlich viel mehr. Und so fragen wir uns, wie Bacchiacca gut 120 Jahr vorher schon wissen konnte, wie der Medici-Kardinal aussehen würde.


01 April 2007

Heft 46 des theomag ist erschienen

Das aktuelle Heft des Magazins für Theologie und Ästhetik trägt den Titel

KUNST und KIRCHE


Es enthält Beiträge von Andreas Mertin, Horst Schwebel, Henner Herrmanns, Hans-Will Weis, Karin Wendt, Jörg Herrmann, Christoph Fleischer und Stefan Budian.

Der Bitterfelder Weg der Evangelischen Kirche
Ein kulturtheologisches Menetekel
Andreas Mertin

Kunst im Kontext Kirche
Positionen - Anti-Positionen - Praktische Folgerungen
Horst Schwebel

Über den profanen Umgang mit sakraler Architektur
Analyse oder Anamnese?
Henner Herrmanns

Religion und Romantik
Eine Beziehungsgeschichte im Original und als Remake
Hans-Willi Weis

Reiseeindrücke zwischen Kirche, Kultur und Kunst
Stefan Budian

Parallelen
Fritz Winter, Gerhard Richter, Tadao Andō
Karin Wendt

Gregor Schneiders "Cube Hamburg"
Jörg Herrmann

Religion gibt dem Leben Sinn
Eine Rezension
Christoph Fleischer

Visuelle Dubletten
Eine Empfehlung zu Johannes 2, 16
Andreas Mertin

Erwünschte Differenzen
Die Bibel in gerechter Sprache
Andreas Mertin

Blackbox

22 März 2007

Verzweifelte Situation der Kunst?

"Mir scheint, daß heute eine, sagen wir, widersprüchliche Situation der Kunst, auch eine etwas verzweifelte Situation der Kunst hervorgehoben werden kann. Auch heute inspiriert die Kirche, weil der Glaube und das Wort Gottes unerschöpflich sind. Und das gibt uns allen Mut. Es schenkt uns die Hoffnung, daß die Welt auch in Zukunft neue Glaubensvisionen haben wird, und zugleich die Gewißheit, daß die bereits hinter uns liegenden zweitausend Jahre christlicher Kunst immer lebendig und immer ein »Heute« des Glaubens sind."

Aus der Begegnung von Papst Benedikt XVI. mit den Priestern der Diözese Rom Ende Februar im Vatikan. Und im selben Gespräch:

"So wird auch die Kirche nicht als ein Organismus der Unterdrückung oder der Macht – wie manche sie hinstellen wollen –, sondern als Organismus einer geistig-spirituellen Fruchtbarkeit erscheinen können, die in der Geschichte unwiederholbar ist oder zumindest, so wage ich zu sagen, außerhalb der katholischen Kirche nicht festgestellt werden kann."

Soweit die Binnenperspektive des katholischen Ordo.

17 März 2007

11 März 2007

Musikvideos und Youtube

"Sieht man das Angebot an Filmvideos, das hier und jetzt für jedermann mit Internetanschluss gratis zugänglich ist, ist es schwer verständlich, weshalb "gediegene" Musikprogramme so blutleer, unberechenbar oder schlicht langweilig sind. Wir sollten YouTube also als eine Form des Protests betrachten. Und als eine Vision des Musikfernsehens, eine aufgeschlossene vielstimmige Video-Jukebox, die der Gegenwart wie auch der Vergangenheit ihren Platz einräumt und die die Abgrenzung zwischen E- und U-Musik lächerlich findet." [Steve Lake in der Süddeutschen]

[Mehr ...]

10 März 2007

Cool

http://www.walfang.org/

09 März 2007

3D zum zweiten

Verwirrung gab es gestern, weil Berlin gleich zweimal dreidimensional bei Google-Earth online ging.

Was im gestrigen Blogbeitrag vorgestellt wurde, waren die Daten der RSS-GmbH.

Parallel gab es aber auch die offiziellen Daten der Stadt Berlin, deren kmz-File andere Bilder generiert. Hier werden vor allem die Highlights hervorgehoben und erfahrbar gemacht.

Nicht alle Fassaden waren bei mir schon mit Texturen gefüllt, dafür gab es beeindruckende Modelle des Hauptbahnhofs und des Reichstages, die quasi begehbar sind.

Den Hauptbahnhof von Gerkan fand ich besonders eindrucksvoll.

08 März 2007

Wir bauen die Welt - im Modell

Seit heute ist die Berliner Innenstadt bei Google-Earth in einem 3D-Modellbau zu betrachten. Wer GoogleEarth 4 installiert hat und das entsprechende kmz-File herunter lädt, kann nun virtuell durch Berlins Straßen 'marschieren'.

Der Eindruck ist ebenso überwältigend wie desillusionierend. Überwältigend, weil man wirklich durch die Straßen flanieren kann und die Gebäude en detail sieht. Das ist tatsächlich faszinierend und vermittelt ein Gefühl davon, was in den nächsten Jahren an virtueller Vergegenwärtigung auf uns zukommt. Desillusionierend ist es, weil das alles mehr wie eine Ansammlung von Faller-Häuschen ("Wir bauen die Welt im Modell") aussieht als ein Abbild von Wirklichkeit zu sein. Kein Großstadtflair, sondern eine Heimwerkeridylle.

Produktiv wird es da, wo man städtebauliche Pläne als Bürger überprüfen kann, z.B. den Wiederaufbau des ehemaligen Stadtschlosses neben dem Berliner Dom. Auch das ist ebenso faszinierend wie desillusionierend. Zur Faller-Welt würde es passen.

Wider die neue Bürgerlichkeit

Die Albertina Wien in Kooperation mit dem Milwaukee Art Museum, dem Deutschen Historischen Museum Berlin sowie dem Musée du Louvre Paris zeigt noch bis zum 13. Mai 2007 die Ausstellung "Biedermeier - Die Erfindung der Einfachheit".

"Die Erfindung der Einfachheit - als Stil wie als ethische Haltung - wirkt nach dem Wiener Kongress von der Haupt- und Residenzstadt aus in andere Kunstzentren Mittel- und Nordeuropas. Dieser für den Aufbruch der Moderne um 1900 so einflussreiche Stil des frühen Wiener Biedermeier mit seiner Reduktion und Materialästhetik wird in dieser Großausstellung als internationales Phänomen präsentiert: mit den Parallelerscheinungen in Goethes Weimar, in München, Berlin und Kopenhagen."

FAZ

06 März 2007

Baudrillard verstorben

Der Soziologe und Philosoph Jean Baudrillard ist tot. er starb er am Dienstag in Paris nach langer Krankheit. Der einstige Deutschlehrer und Brecht-Übersetzer wurde 77 Jahre alt. Baudrillard, einer der einflussreichsten Denker der Postmoderne, hatte Soziologie an der Universität Nanterre gelehrt, die im Zentrum der Protestbewegung vom Mai 1968 gestanden war. In der Folgezeit machte er sich als scharfer Kritiker der Konsumgesellschaft und der Medien einen Namen.

ZEIT
Süddeutsche Zeitung
NZZ
Telepolis

20 Februar 2007

Kaum zu glauben

Da bin ich doch über folgende kaum zu glaubende Meldung in der Schwäbischen Zeitung gestolpert:

Pfarrer Schmid erhält den Doktortitel
"Doch kein katholischer Theologe hat sich in den vergangenen 50 Jahren bemüht, den Zusammenhang von Verkündigung und Kunst zu klären", sagt Schmid und behauptet, christliche Bilder und Skulpturen wirkten wie das Predigen als eine Verkündigun der Frohbotschaft. Für diese These wird ihm die Universität Tübingen den Doktorgrad (Magna cum laude) verleihen.


Vielleicht sollte man in Tübingen doch mal über Folgendes nachdenken: Zur Wahrheit über den Widerspruch.

18 Februar 2007

Ethik der Mode

Isabelle Quéhé ist die Erfinderin der Ethical Fashion Show®, der ersten internationalen Modenshow, bei der sich alle Teilnehmenden einem ethischen Codex verpflichten. Die diesjährige Show findet vom 12. bis zum 15. Oktober 2007 im Tapis Rouge in Paris statt. Auch die Internetpräsenz ist einen Besuch wert.

15 Februar 2007

"Kulturschaffende"

Am kommenden Mittwoch wiederholt sich ein Ritual, das man "Aschermittwoch der Künste bzw. der Künstler" nennt. Die höchsten Vertreter der Kirche empfangen ausgewählte Vertreter der Künste, um ihnen ein Aschekreuz auf die Stirn zu malen. Der Künstler Georg Meistermann hat einmal ironisch dazu bemerkt, dass dieser Ritus in der Katholischen Kirche entstanden sei, weil man die Gruppe der Künstler für besonders sündig und vergebungsbedürftig hielt. Ausdruck einer Wertschätzung ist es jedenfalls kaum, eher Ausdruck einer überholten höfischen Kultur. Besser wäre es, die entsprechenden kirchlichen Potentaten würden auch im Alltag der Kirche eine entsprechende Wertschätzung der freien Künste pflegen. Das tun sie aber nicht.

Am kommenden Mittwoch empfängt nun auch die Bischöfin Margot Käßmann, gerade im letzten Jahr noch aufgefallen durch besonders kulturfreundliche Worte, die Künstler zu einem Aschermittwoch der Künste. Vermarktet wird das von der EVLKA unter der Überschrift "Landeskirche empfängt Kunst- und Kulturschaffende". Das ist schon eine mehr als entlarvende Ankündigung, denn der Begriff des 'Kulturschaffenden' stammt aus den Wirren der Weimarer Republik und kam dann vor allem im Nationalsozialismus unter dem Reichspropagandaminister Goebbels, der zugleich Präsident der Reichskulturkammer als Vereinigung aller Kulturschaffenden war, zu Ehren. Und auch das System der DDR machte sich den Begriff zunutze. Das Lexikon vermeldet: "In allen totalitären Systemen war die Verwendung des Begriffs verbunden mit der Festlegung politisch gesellschaftlicher Aufgaben der "Kulturschaffenden" (zugunsten des jeweiligen Systems)." Bereits 1946 wurde das Wort dem "Wörterbuch des Unmenschen" zugerechnet. Heute zählt es zu den "überlebensfähigen Resten" der DDR-Sprache.

Dass in der Pressemeldung das Wort "Kulturschaffende" verwendet wird, mag im konkreten Fall ein Zufall sein. Es ist aber nicht zu übersehen, dass das Wort seit einigen Jahren in kirchlichen Veröffentlichungen Verwendung findet. Und ich vermute, dahinter steckt ein Programm. Nicht umsonst ist die EVLKA schon seit längerem dafür bekannt, ein Programm der Rückführung der Künstler zur kirchlichen Programmatik zu verfolgen. Und da ist dann das Wort "Kulturschaffender" ein treffendes Wort.

14 Februar 2007

Otto Mauer

... der sicher in der deutschsprachigen Kultur einzigartige Theologe, was die Verbindung mit der Kunst betrifft, wäre in diesen Tagen 100 Jahre geworden. Der Standard stellt ihn in einem Bericht vor.

Das Wiener Dommuseum widmet Otto Mauer eine Ausstellung unter dem Titel: "Happy Birthday, Monsignore!"

12 Februar 2007

Mathematik und Kunst

.... ist das Thema einer Ausstellung im Kulturspeicher Würzburg. In der Beschreibung heißt es: "Die Konkrete Kunst ist eine Kunst, die sich auch mit Geometrie, Stereometrie und Trigonometrie beschäftigt, mit Permutationen und Gleichungen, Zufall und Chaos, somit mit Mathematik. Die Ausstellung ... veranschaulicht die Bandbreite der Beziehung zwischen beiden Bereichen. Beginnend mit Werken der 1920er Jahre, der Entstehungszeit konstruktiv-konkreter Kunst, spannt sie den Bogen bis zur Gegenwart. Vertreten sind u.a. Joseph Albers, Paul Klee, El Lissitzky, George Vantongerloo und Sonia Delaunay, die Zürcher Konkreten mit Max Bill und Richard Paul Lohse und auch jüngere Künstler. Begleitende Tafeln und plastische Modelle veranschaulichen die mathematischen Verfahrensweisen und Prinzipien, die den Bildern zugrunde liegen.

04 Februar 2007

Raubkunst und Restitution

Ein breites Spektrum an Perspektiven zur Problematik verspricht die vom Moses Mendelsohn Zentrum initiierte internationale Konferenz "Eine Debatte ohne Ende? Raubkunst und Restitution im deutschsprachigen Raum" vom 22. bis zum 24. April 2007 im Alten Rathaus in Potsdam.

01 Februar 2007

Heft 45 des theomag ist erschienen!

Das aktuelle Heft des Magazins für Theologie und Ästhetik trägt den Titel KUNST-STÜCKE. Es ist dem Religionspädagogen Dietrich Zilleßen zum 70. Geburtstag gewidmet. Es enthält Beiträge zu Kunst, Theologie, Religionspädagogik und Popularkultur von
Weitere Informationen finden Sie im Editorial.

31 Januar 2007

Bissig ...

... kommentiert die taz die Neueröffnung der Kulturkirche in Bremen. Aber seien wir ehrlich: ganz abwegig ist der Kommentar nicht. Wenn es stimmt, dass es eine kulturnahe bestehende Kirchenarbeit gibt, deren Zuschüsse gefährdet sind, und zugleich eine Citykirche ostentativ zur Kulturkirche umgewidmet wurde, dann ist das schon merkwürdig. Dann wird Kultur tatsächlich als Notlösung missbraucht.

Kulturförderung zur evangelischen Profilierung: ja, Kunst und Kulturförderung an sich: nein. Das ist und bleibt der Eindruck von der Kulturpolitik der Evangelischen Kirche.

Und wer sich die Programmatik der Kulturkirche durchliest, dem wird von der kulinarischen Metaphorik schnell übel. So ist das mit der Kunst: "Am Freitag wird die Kulturkirche mit dem Symposium "Die neue Lust der Kirche an der Kultur" eröffnet ... Mitten in der Kirche wird dann die monumentale Installation "Geld wie Sand" zu sehen sein. Das Wochenende steht ganz im Zeichen kultureller Vielfalt. Für Geist, Herz, Ohren und Gaumen ist etwas dabei." Na also, es geht doch. Die Kirche fragt "Wer bin ich" und ganz nostalgisch setzt sie nach: "Welches Schweinderl hätten Sie denn gerne".

Vielleicht gilt für den Protestantismus im Blick auf die zeitgenössische Kunst und Kultur tatsächlich: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. Das wären finstere Aussichten für die zeitgenössische Kunst und Kultur im Gespräch mit der Kirche, wenn denn ein solcher Dialog überhaupt noch geschehen würde.

28 Januar 2007

Der Sieg der Kirche über die Kunst

--- titelt die Berliner Zeitung einen Feuilletonbericht über einen Prozess gegen zeitgenössische Kunst in Russland, den die orthodoxe Kirche initiiert hat: "Sechs Tage nach der Eröffnung verurteilt Metropolit Kyrill von der Russisch-Orthodoxen Kirche die Veranstalter ... In der TV-Sendung "Russisches Haus" verhängen Priester live den Kirchenbann. Im Februar appelliert das russische Parlament an die Staatsanwaltschaft, gegen die Veranstalter wegen Schürens von religiösem Zwist vorzugehen. 265 von 267 Abgeordneten stimmen dafür ... Ein Kunstgutachten, verfasst von verbohrten Ikonen-Expertinnen, definiert die gesamte zeitgenössische Kunst als 'zeichenschaffende Tätigkeit von nihilistischer Orientierung'. So steht es dann wörtlich im Urteil." Wirklich erschreckend und zugleich nicht überraschend. [Mehr ...]

26 Januar 2007

Nestbeschmutzung

Das Impulspapier zur Zukunft der Kirche hat viele Kritiker - nicht zuletzt die Pfarrer. Und das zu Recht, wie der Tagesspiegel schreibt: "Viele Pfarrer sind schlichtweg beleidigt, weil sie im Impulspapier nicht gut wegkommen. „Wir werden als desorientiert, unterqualifiziert und separatistisch beschrieben“, sagt Pfarrer Klaus Weber, der dem Pfarrerverband vorsitzt. Er hätte die Versammelten in Wittenberg gerne gefragt, was mit den geforderten „Qualitätsstandards“, „Leistungsbewusstsein“ und „geistlicher Kompetenz“ gemeint sei. Aber der Pfarrerverband, der 20 000 Pfarrer vertritt, ist nicht eingeladen."

Das, was Dietrich Neuhaus schon im Jahr 1999 als kommenden "Fundamentalismus von oben" gegeißelt hatte, scheint nun Früchte zu tragen (vgl. dazu die Anmerkungen zur "Fundamentalismus-Debatte" im Magazin für Theologie und Ästhetik).

25 Januar 2007

Wozu Kulturwissenschaften?

Interessante Überlegungen zur Relevanz der Geistes- und Kulturwissenschaften hat Harald Welzer in der ZEIT vorgelegt. Ob die von ihm skizzierte Öffnung der Geisteswissenschaften tatsächlich so stattfinden muss, wie er es beschreibt, darüber bin ich mir nicht sicher. Seiner Schlussfolgerung kann ich aber nur zustimmen: "Was uns durch den Erkenntnisschock von 1989 abhanden gekommen ist und was uns die Scheinpragmatiker in den ökonomischen und politischen Eliten zu erfolgreich ausgeredet haben, ist die alles entscheidende Frage: Wie wollen wir leben? ... Insofern wird das neue Rollenverständnis der Geistes- und Kulturwissenschaften auch vitalisieren müssen, was zu lange abgelebt schien: den Begriff des Politischen." [Zum Artikel]

Vorbildliche Kulturvermittlung

Die Digitale Mozartausgabe der Internationalen Stiftung Mozarteum in Verbindung mit dem Packard Humanities Institute ist ein faszinierendes Beispiel für die kulturellen Vermittlungsmöglichkeiten des Internets: "The digitized version offers the musical text and the critical commentaries of the entire Neue Mozart-Ausgabe, edited by the Internationale Stiftung Mozart in cooperation with the Mozart cities of Augsburg, Salzburg, and Vienna." Tatsächlich kann man sich mit wenigen Klicks jedes Stück von Mozart einschließlich aller Anmerkungen als PDF-Datei herunterladen. Das ist wirklich vorbildlich und sollte auf diesem Niveau auch ein Standard für andere kulturhistorische Bereiche wie etwa Literatur und Bildende Kunst werden. Zur Nachahmung empfohlen!

20 Januar 2007

Traurige Wahrheit

"Die Sammlung der modernen religiösen Kunst ist, trotz einem Dix und einem Rouault, notwendigerweise ein Trauerspiel. Die Künstler und die Kirche haben einander nichts mehr zu sagen, nicht einmal ein Papst-Bild von Francis Bacon fand den Weg in die Vatikanischen Museen. Und Maurizio Cattelans Skulptur «Die neunte Stunde», sie zeigt Papst Johannes Paul II., von einem Meteoriten getroffen am Boden liegend, wird wohl kaum die Karriere des Laokoon machen" - das schreibt Petra Kipphoff unter der Überschrift "Das verwirrendste Museum der Welt" über die vatikanischen Sammlungen. [Mehr ...]

18 Januar 2007

Unbedingt ansehen!




Journal für Kunst, Sex und Mathematik

Etwas verspätet ...

... aber um so vehementer reagiert die taz unter der Überschrift "Huber Bubba. Der evangelische Bischof Wolfgang Huber ist der größte Blasenwerfer unserer Zeit" auf das schon im Juli erschienene Impulspapier "Kirche der Freiheit" (Vgl. dazu die Notiz in diesem Blog aus dem Juli 2006).

Was Michael Rudolf ins seiner Polemik aber überzeugend gelungen ist, ist die Phrasendrescherei des Papiers dem Leser komprimiert vor Augen zu führen. Zwar ist die Personalisierung nicht ganz gerechtfertigt, zeichnet doch gleich ein ganzes Gremium für das Elaborat verantwortlich, in der Sache trifft die ironische Zuspitzung aber den Kern. Und seien wir ehrlich: die "Kompetenz-Kompetenz" möchten wir der EKD gar nicht absprechen. Die kulturelle Kompetenz dagegen schon. Und die sprachliche erst recht.

14 Januar 2007

Abrisswahn

Unter dem Titel "Ein Land auf Abriss" beschreibt Hanno Rauterberg in der ZEIT die fortschreitende Vernichtung kulturgeschichtlich wichtiger Bauwerke im Interesse von ökonomisch verwertbaren Neubauten. [Mehr ...]

Kritisch beschäftigt sich Jens Jenssen in der gleichen Ausgabe mit der Denkmal-Ideologie, die längst nicht mehr das das ästhetisch Wertvolle sondern das historisch Interessante schütze. [Mehr ...]

08 Januar 2007

Religion und ihr Anderes

"Die Möglichkeit, das Religiöse und das Säkulare als getrennte Sphären zu denken, ist für die europäische Moderne konstitutiv".
So heißt es im Programm zu einer internationalen Konferenz zum Thema "Religion und ihr Anderes. Säkulare und sakrale Konzepte und Praktiken in Interaktion". Die Tagung will ausgehend von konzeptionellen Überlegungen des Kulturanthropologen Talal Asad zu den Konstitutionsprozessen des Religiösen und des Säkularen erörtern, wie sich Konzepte und Praktiken beider Sphären herausbilden, wie deren Grenzen generiert, ausgehandelt, stabil gehalten bzw. verändert werden. Gefragt wird auch, "was geschieht, wenn spezifische Konzepte des Säkularen und des Religiösen mobil werden, wenn sich religiöse und säkulare Selbstentwürfe in transnationalen scapes (Arjun Appadurai) und zunehmend globalisierten Räumen bewähren müssen und unterschiedliche Konzepte des Religiösen in immer schon politisch und sozial vorstrukturierten Konstellationen aufeinander treffen?"

“Religion und ihr Anderes. Säkulare und sakrale Konzepte und Praktiken in Interaktion / Religion and Its Other: Secular and Sacral Concepts and Practices in Interaction” Humboldt-Universität zu Berlin, Hauptgebäude, Unter den Linden 6-9, 30. März - 1. April 2007

04 Januar 2007

COATS! Mode aus Italien

"Eine Reise in die Welt der italienischen Mode" verspricht die Ausstellung "COATS! Max Mara, 55 Jahre Mode aus Italien". Noch bis zum 4. März 2007 ist in der Kunstbibliothek des Kulturforums am Potsdamer Platz in Berlin bisher unveröffentlichtes Material aus dem Firmenarchiv des Modeunternehmens Max Mara zu sehen. "Max Mara wurde 1951 von Achille Maramotti in Reggio Emilia gegründet. [...] Der Schwerpunkt der Ausstellung [...] liegt auf den beiden Hauptkollektionen Max Mara (ab 1951) und Sportmax (ab 1969), für die neben dem hauseigenen Designteam bekannte Modedesigner wie Karl Lagerfeld, Jean Charles de Castelbajac, Luciano Soprani, Guy Paulin oder Anne-Marie Beretta verantwortlich zeichnen. Als roter Faden dienen die berühmten, heute klassischen Woll- und Kaschmirmäntel des MaxMara-Labels sowie Mäntel und Kostüme der Designkollektion Sportmax. Neben den rund 60 originalen Modellen sowie zahlreichen Entwurfs- und Kollektionsskizzen widmet sich die Ausstellung dem Thema der Bildkommunikation mit Modefotografien von Sarah Moon, Peter Lindbergh, Richard Avedon, Steven Meisel und anderen bedeutenden Bildautoren."

COATS! Max Mara, 55 Jahre Mode aus Italien, Kulturforum Potsdamer Platz, Kunstbibliothek, Sonderausstellungsraum oben, 30. November 2006 bis 4. März 2007